Das Naturparadies der Ardèche ist zugleich ein Bikeparadies mit einem enorm dichten Wegnetz. Die Trails würzig und mediterran duftend, über sanfte Hügel und durch wilde Schluchten. Die meisten Trails wurden von unseren Bikeguides vom Domaine du Frigoulet erkundet und eröffnet. Doch wie kam es überhaupt dazu?
Bereits 1989 führte ich, damals noch unter dem Firmennamen „Aktivferien Hansruedi Büchi“ zum ersten Mal Rennvelotouren in der Ardèche durch, Ausgangspunkt war damals noch Vallon Pont d’Arc. Ich kannte die Region bestens, als ehemaliger Radprofi hatte ich bereits zur Aktivzeit die Vorzüge der Region schätzen gelernt. Im Jahr 1990 wagte ich den Schritt, als einer der ersten Veranstalter auch Bikeferien anzubieten. 20 Gäste meldeten sich an, wir fuhren alle mit Stahlrahmen und ohne Federung über die steinigen Gallierwege. Ja, es war eine Pionierzeit! Erschlossene Singletrails gab es noch nicht, doch man wagte sich auf die felsigen Wanderwege, die aber immer wieder in einer Sackgasse endeten. In dieser Woche entdeckten wir das Potenzial dieser Gegend.
Eine Tour werde ich nie vergessen: Es war während dieser ersten Bikewoche in der Ardèche, im milden September, der Himmel stahlblau. Wir fuhren nach La Bastide de Virac, dann über einen Kiesweg nach Vagnas. Dort machten wir in der Jäger Bar den Mittagshalt. Ich studierte auf der Wanderkarte eine Verbindung zum Rieusset. Ohne dass ich diesen Weg schon je zuvor gefahren war, wagte ich mit den Gästen diese Strecke. Über das Hochplateau kamen wir nach zwei Kilometern zu einer wildromantischen Waldlichtung, ich wusste damals noch nicht, dass es Frigoulet hiess. Es war ein Traum, diese Aussicht, dieses Panorama, diese Ruhe und diese wunderschönen alten Ruinen. Nie hätte ich mir damals träumen lassen, dass dieselben Ruinen zwölf Jahre später unser Domaine du Frigoulet sein würden. Nach einer kurzen Abfahrt hinunter zum Fluss Rieusset fanden wir ein wunderbares, glasklares Seelein, wo wir spontan ein Bad nahmen. Ich schwärmte den ganzen Abend von dieser Tour und ging zwei Tage später mit meiner Familie zu diesem See zum Picknicken und Baden.
Als Bike-Guide war auch Peter Steiger mit dabei, als amtierender Profiweltmeister auf der Bahn waren ihm die Gäste wohlgesinnt, auch neue Routen auszuprobieren. Seine Idee war es, von der Höhenstrasse über der Ardèche einen Singletrail in die Schlucht hinunter zu wagen. Von der Hauptstraße ging es immer dichter durch den Busch. Schlussendlich flog Peter in hohem Bogen in die Ginsterbüsche mit dem Resultat von unzähligen Stacheln in seinem Hintern. Die Tour wurde abgebrochen. Das Resümee dieser Woche war eindeutig, dieses Gebiet gibt enorm viel her, aber es ist nicht erschlossen.
Der grosse Wendepunkt kam, als ich mit meiner Frau Christine im September 1999 die Ruine Frigoulet kaufte und wir beschlossen, ein Hotel zu bauen und eine Bikestation aufzubauen. Am 13. April 2002 wurde das Hotel eröffnet und die ersten Gäste trafen ein. Während den ersten drei Monaten war ich selber Bikeguide, zusammen mit Shay und Bernard. Shay war Fremdenlegionär und Bernard Maurer, beide haben uns geholfen, das Domaine du Frigoulet aufzubauen. Ihnen gefiel es im Frigoulet so gut, dass sie nach Bauende weiter hier bleiben wollten. So wechselten sie ihren Job und wurden vom Bauarbeiter zum Bikeguide. Für zwei Saisons führten sie die Gäste über die damals wenigen Trails und nach der Tour wurden neue Trails herausgeschnitten.
In der dritten Saison kam Stefan Kliebenschädel als Bikeguide ins Frigoulet und brachte viel Schwung in die Bikestation. Endlich wurde auch der Trail von der Hauptstrasse in die Schlucht eröffnet, 14 Jahre nachdem Peter Steiger in die Büsche flog. Man taufte den Trail „Heavy Dutli“, abgeleitet von den Gästen Dutli, die zwei Wochen lang am Trail gearbeitet haben.
Fred, unser lokaler französischer Guide, ist auch seit Anfang an dabei und begleitet auch heute noch regelmässig unsere Gäste. Gleichzeitig baute er eine regionale Bike Gruppe für Jugendliche auf. Diese trainieren oft am Mittwochnachmittag auf unserem Gelände. Zusammen mit dieser Bikegruppe pflegen wir alle Trails in der Ardèche und erschliessen laufend neue. Dank dem Engagement für die jungen Biker ist die Akzeptanz für neue Trails sehr gross.
Mittlerweile hat sich die Bikestation Domaine du Frigoulet mit seinem Trailparadies herumgesprochen. Wir waren und sind stets besorgt dieses Naturidyll zu schützen, damit es auch in Zukunft seinen Charme behält. Rund um das Hotel kauften wir aus diesem Grund viel Land. Es entstand ein eigenes Naturreservat mit 560‘000 Quadratmetern und vielen Singletrails auf dem eigenen Grundstück.
Diese Infrastruktur wurde von Anfang an auch rege von Rennfahrern genutzt. Barbara Blatter, Olympiazweite von Sidney oder auch U23 Weltmeister Balz Weber haben auf unseren Trails trainiert. Auch Claudio Caluori war zu Trainingszwecken im Frigoulet zu Gast. Kurzerhand hat auch er gleich Hand angelegt und mit Schaufel und Pickel Sprünge auf unserem Bikepark geschaufelt.
Wir durften auch die französische Nationalmannschaft von 2008 bis 2014 für ihr Trainingslager im Domaine du Frigoulet beherbergen. Einige Fahrer kommen bis heute immer wieder vorbei. Auch Olympiasiegerin Julie Bresset und Maxime Marotte oder Titouan Carod waren oft bei uns zu Gast.
2012 nutzte Scott Sports unsere Infrastruktur und mietete das ganze Hotel für Ihre Product Launch des neuen Genius. 60 internationale Journalisten von Australien bis Brasilien testeten die neuen Bikes auf unseren Trails und waren nicht nur von den Bikes, sondern auch von den Trails rund ums Frigoulet begeistert.
Mit dem Frigoulet konnten wir auch die Entwicklung von Bikegebieten beobachten. In den letzten Jahren wurden in ganz Europa Bike-Landschaften mit dem Bagger ausgebaut. Von dieser Entwicklung wurden wir verschont. Bei uns finden wir immer noch naturbelassene wilde und auch sanfte Trails die nach Thymian und Lavendel duften. Nur durchgeschüttelt werden unsere Gäste nicht mehr wie anno 1990 auf ihren Stahlrahmen. Heute sind wir mit modernen Scott Genius der dritten Generation mit 29 Zoll und 130 mm Federweg unterwegs. Die Reifenbreite misst stolze 2.6 Zoll.
Fast alle unsere Touren könnte man heute als Tracks vom Internet herunterladen, ohne Risiko von Sackgassen und stachligen Ginsterbüschen. Wir wollen aber der Ursprungsidee des Mountainbikens treu bleiben: Unter Gleichgesinnten, mit einem geländetauglichen Velo in wilder Natur Sport treiben. Das kommt an, auch 30 Jahre später.