Hakuna matata auf den Kilimanjaro
Eigentlich müsste es ja Pole Pole auf den Kilimanjaro heissen. Aber davon später.
Wir werden oft gefragt, wäre der Kilimanjaro auch etwas für mich? Und dies von Menschen ganz unterschiedlichen Alters, mit unterschiedlichen Fitnesslevels, Männer und Frauen. Und ich nicke dann immer, und sage ja klar, Weil, erstens ist der Weg das Ziel (Konfuzius wahrscheinlich) und zweitens haben wir einen Plan, der den Gipfelerfolg für die meisten Gäste möglich macht (Aktivferien, ganz sicher). Es ist das zwölfte Mal, dass ich diese Reise mit Gästen machen darf. Hier deshalb die 12 Etappen, quasi Schritt für Schritt, wie Sie sich vorbereiten können und was wir unterwegs unternehmen, um am Ende gemeinsam auf dem Uhuru Peak, dem Gipfel der Freiheit, auf 5895 Metern, auf dem Dach von Afrika zu stehen.
- Treiben Sie Sport vorab
Es ist seit rund 500 Millionen Jahren eine Tatsache, der Kilimanjaro ist ein hoher Berg. Wir wandern pro Tag rund 1000 Höhenmeter Richtung Gipfel. Eine gute sportliche Grundkondition hilft. Und damit meine ich nicht, eine Woche vor Abflug noch schnell aufs Velo oder um den Lützelsee spazieren. Dazu müssen Sie aber auch nicht zwingend einen Viertausender besteigen. Der Kilimanjaro ist ein Trekkingberg. Wandern, Joggen oder Biken reichen. Besonders am Gipfeltag werden Sie für jeden Schweisstropfen den Sie während der Vorbereitung vergossen haben dankbar sein.
- Gehen Sie an, nicht auf den Kilimanjaro
Schritt 1 gesagt und befolgt, liegt ein grosser Teil des Gipfelerfolges nicht in den Beinen, sondern im Kopf. Je mehr Ruhe und Entspannung Sie unterwegs finden, desto höher werden Ihre Erfolgschancen. Frausein und Alter schlagen Jungsein und sportlichen Ehrgeiz. Erzählen Sie Ihren Bürokollegen also besser «Ich gehe an den Kilimanjaro», als «Ich gehe auf den Kilimanjaro». Dann haben Sie weniger Stress unterwegs, falls es Ihnen mal schlecht geht und ihr einziger dunkler Gedanke ist: ich muss, ich hab’s doch allen erzählt! Ohne diesen Gedankenstress geht‘s Ihnen dann am nächsten Tag bereits wieder besser.
- Lassen Sie Ihre Seele „hakuna matata“ werden
Stimmen Sie sich nebst der sportlichen Vorbereitung auf den afrikanischen Kontinent ein. Reisen Sie mit der richtigen Geisteshaltung an. Und diese lautet: Entspannung, Ruhe, Offenheit, Neugier, mal schauen was kommt. Hier dazu drei Buchtipps, die wenig mit dem Kilimanjaro zu tun haben, Sie aber auf Land und Leute in Afrika einstimmen werden. 1) Eine Frage der Zeit von Alex Capus. Eines meiner Lieblingsbücher und eine spannende, abenteuerliche Lektüre. 2) Kleine Vogelkunde Ostafrikas von Nicholas Drayson. Eine bezaubernde, witzige Liebesgeschichte aus der Kolonialzeit. 3) Schnee am Kilimandscharo von Ernest Hemingway. 10 dramatische Kurzgeschichten in schonungsloser, knapper Sprache. Lassen Sie sich beim Lesen auf das Abenteuer ein, einen anderen Kontinent kennenzulernen. Unser europäisch abendländisches Denken lassen Sie dann bei Antritt Ihrer Reise an den Kilimanjaro am besten zu Hause, hängen Sie dieses Denken ans Schlüsselbrett vor der Abreise. Beobachten Sie, geniessen Sie und finden Sie unterwegs heraus, dass es durchaus andere Denk- und Verhaltensweisen gibt, um einen Job zu erledigen oder um glücklich zu sein.
- Lernen Sie 7 Wörter Swaheli
Grüezi heisst «Jambo» oder «Jambo Jambo». Die Antwort darauf lautet: «Jambo poa». Danke schön heisst «Asante sana». Wenn Sie «Habari?», wie gehts? fragen, werden Sie zur Antwort «Nsuri sana» hören: mir gehts gut. «Hakuna matata» kennen Sie aus Lion King und bedeutet: kein Problem. Sie werden mit diesen paar Wörtern im Reisegepäck ganz viele Lachen auf die Gesichter der Einheimischen, der Bergführer und unseren Begleitern zaubern. Und dabei ein fröhliches sympathisches Volk kennenlernen. Und beim Abschied sagen Sie dann «Safari njema», eine gute Reise, und Sie werden in Ihrer „hakuna matata“ Seele traurig sein.
- Leben Sie Pole Pole.
«Pole Pole» ist unser Motto am Berg. Langsam, langsam. Es wird Sie als Mantra den Berg hoch und hinunter und auf der ganzen Reise begleiten. Pole Pole ist eine Philosophie. Wenn man sich in Tansania trifft, nimmt man sich kurz Zeit und spricht ein wenig miteinander. Am Berg, auf der Safari, auf dem Dorfspaziergang. Vergessen Sie bitte nicht auch Ihr europäisches Zeitdenken zuhause zu lassen. So haben Sie mehr Zeit und können unterwegs im Moment leben. Ein Kind winkt vom Wegrand? Winken Sie zurück! Eine Frau kreuzt Sie mit einem Kessel Bananen auf dem Kopf? Grüssen Sie mit «Jambo»! Das Lachen der Bananenträgerin wird Sie durch den ganzen Tag begleiten. Den Zeitplan unterwegs haben wir im Griff, da dürfen Sie uns voll und ganz vertrauen.
- Folgen Sie 3 einfachen Regeln: 1) Pole Pole. 2) Trinken Sie viel. 3) Niemand überholt den Leadguide.
Erstens: Auf Horombo, 3720 MüM, nachts schnell aufs WC gehen und dann möglichst schnell zurück in den Schlafsack? Gibt nur rasendes Herzklopfen und schlimmstenfalls eine aufgeschürfte Nase nach dem Sturz über einen Stein im Licht Ihrer Stirnlampe. Zweitens: Trinken Sie viel Wasser, Tee oder Kaffee beim Anstieg auf den Kilimanjaro. Sie werden weniger Kopfweh haben und sich besser fühlen. Ja, nachts müssen Sie dann aufstehen, um aufs WC zu gehen. Ältere Männer (…) die viel trinken bis viermal pro Nacht. Aber hey, draussen leuchten die Sterne am südlichen Himmelszelt für Sie und anschliessend schlafen oder dösen Sie bestimmt viel besser. Und drittens: Unsere Guides geben das Tempo vor. Und das ist immer Pole Pole. Reihen Sie sich hinten in den Gänsemarsch ein. Hängen Sie Ihr sportliches Leistungsdenken für diese Wanderung neben dem europäischen Denken und dem Zeitgefühl zuhause ans Schlüsselbrett. Sie müssen nicht katholisch sein, um zu wissen, dass die Letzten die Ersten sein werden. Oder wie mein Bergfreund Jörg zu sagen pflegt: Abgerechnet wird erst auf dem Gipfel!
- Geniessen Sie jeden Schritt
Sie wandern durch fünf verschiedene Klimazonen. Jeden Tag erleben Sie eine neue Höhenstufe. Es gibt viel zu sehen am Wegrand. Landschaften, Wetterstimmungen, Bäume, Sträucher, Blumen, Vögel, Affen, Bimbis. Geniessen Sie also jeden einzelnen Schritt. Und freuen Sie sich auf den nächsten Schritt. Denken Sie dabei an die Worte des Meisters der Gehmeditation, Thich Nhat Hanh: «Smile. Breathe. And go slowly.» Oder auf gut Deutsch und Swahili: «Lachen. Atmen. Und Pole Pole!»
- Vertrauen Sie den lokalen Bergführern
Unsere Bergführer haben Namen wie Evarest, Godlisten, Livingstone, Remy und Yobu. Sie gehören zum Stamm der Chaggas und siedeln seit rund 300 Jahren am Fusse des Kilimanjaro. Alle arbeiten seit vielen Jahren für uns an ihrem Berg. Sie kennen jeden Strauch und jeden Stein. Und sie kennen ihre Gäste: Sie! Sie müssen also nicht erstaunt sein, wenn einer unserer Guides Ihnen die vergessenen Wanderstöcke nach der Rast bringt. Wenn am Gipfeltag einer der Bergführer Ihnen das Nastuch aus der Hosentasche zieht und ihnen beim Schnäuzen hilft. Oder Ihnen die Teeflasche auf- und wieder zuschraubt. Die Bergführer haben Augen wie Adler und umsorgen Sie wie eine Löwenmama.
- Entspannen Sie sich
Jeden Abend gibt es ein Briefing für den nächsten Tag. Wir sagen Ihnen, ob Sie morgen Regenzeug oder lange Unterhosen anziehen sollen. Sie können sich also entspannt zurücklehnen. Und ganz im Moment leben. Ihre Bergführer wissen was zu tun ist. Bringen Sie Jasskarten, Uno oder ein Buch mit. Spielen Sie am Abend in der freien Zeit Karten mit den anderen Gästen, mit den Servicejungs oder lesen Sie ein paar Seiten. Vielleicht liegen Sie am Akklimatisationstag mit Kopfweh oder Übelkeit im Schlafsack. Hakuna matata: die Wanderung zum Zebra Rock und zum Aussichtspunkt ist freiwillig und am nächsten Tag werden die Karten in Sachen Kopfweh und Übelkeit sowieso neu gemischt. Je entspannter Sie sind, umso einfacher gelingt der Anstieg.
- Vertrauen Sie dem Koch
Wir bringen unser eigenes Gemüse und frische Früchte aus dem Kilimanjaro Farmhause in Marangu mit. Vertrauen Sie also dem Koch, dem Hilfskoch und der Küche. Sie werden überrascht sein, was für ein köstliches Essen die Küchenmannschaft auf den beiden Gaskochern auf unsere Teller zaubert. Und mit wieviel Liebe und Humor die Servicejungs Ihnen die Speisen auftischen werden. Denn gutes Essen am Kilimanjaro ist uns so wichtig wie viel trinken. Bis hinauf zu den letzten Hütten, den Kibohütten auf 4720 MüM.
- Der Kilimanjaro will verdient sein
Es schleckt es keine afrikanische Ziege weg: der Kilimanjaro ist ein hoher Berg. Er will verdient sein. Rund 50 Prozent der Gäste wandern ohne Probleme hinter dem Leadguide hoch. Die anderen 50 Prozent erfahren unterwegs Kopfweh, Kurzatmigkeit, evtl. Übelkeit und Schwindel. Dagegen helfen tiefes Durchatmen, ein Schluck Tee, eine Kopfwehtablette oder ein Schluck Coca-Cola. Die Symptome kommen und gehen am Gipfeltag. Und sollten selbst die Babysteps des Gruppentempos zu schnell werden, können Sie mit einem Bergführer individuell weiter auf- oder absteigen. Und jetzt der Aufsteller und Motivationsspeech: Unsere Erfolgsquote liegt bei stolzen 95 Prozent.
- Lassen Sie ihren Tränen freien Lauf
Ich war mit Aktivferien jetzt 12mal auf dem Gipfel. Ich musste jedes Mal weinen. Schliesslich stehen wir auf dem Uhuru-Peak, dem Gipfel der Freiheit. 5895 Meter über Meer. Sie haben eine tolle Leistung vollbracht und sich wahrscheinlich einen Lebenstraum erfüllt. Also lassen Sie ihren Emotionen freien Lauf. Freuen Sie sich. Über ihre Leistung und sich selbst. Und für Ihre Gruppenmitglieder. Weinen Sie. Umarmen Sie. Lachen Sie. Atmen Sie. Noch mehr Lachen, Singen und Umarmungen gibts auf dem Abstieg und am Trägerfest. Aber nicht vergessen: Geniessen Sie jeden einzelnen Schritt. Sie waren am und auf dem Kilimanjaro. Jetzt können Sie es zuhause erzählen. Sie waren ganz oben. Auf dem Dach von Afrika. 5895 Meter. Pole Pole. Und hakuna matata.
Die wunderbare Reise geht anschliessend weiter zu zwei der schönsten Naturparks in Afrika. In den Ngorogoro-Krater und den Tarangire-Nationalpark. Zu Löwen, Nashörnern, Elefanten, Giraffen, Zebras, Gnus, Antilopen, Warzenschweinen undundund. Und dann nach Sansibar an den Indischen Ozean. Doch das sind zwei andere, nicht weniger schöne Geschichten. Safari njema. Gute Reise.