Der Zauber des Tarangire-Nationalparks packt uns sofort. Wir hatten natürlich gehofft, Elefanten zu sehen … Stundenlang waren wir von Marangu durch Masai-Weideland gefahren. Geissen. Kühe. Geissen. Aber jetzt: kaum zehn Minuten im ersten Nationalpark unserer Safari, und da ist die erste Elefantenfamilie! 12, 15 Tiere. Mütter. Tanten. Und Junge. Drei, vier. „Das dort“, sagt unser Guide Emanuel, „ist kaum mehr als zwei Wochen alt.“ Unsere Kameras klicken, klicken, klicken. Und das war erst der Anfang. Elefanten-Paradies Tarangire. –
Bereits am nächsten Tag dann sehen wir IHN, den König der Savanne! Das Löwenpärchen hatte sich von der Gruppe zurückgezogen, um ungestört für Nachwuchs zu sorgen. „Während einer Woche alle zehn Minuten Sex“, erklärt Goodluck, unser Driver-Guide. Da bleibt nicht einmal Zeit fürs Fressen. Trinken muss reichen. Doch heute Nachmittag ist die Äquatorhitze offenbar nicht nur für uns ein bisschen too much. Die beiden liegen faul im Gras. Aber 24 Stunden später treffen wit erneut auf die Beiden. Und sie erfüllen unsere Hoffnung. Er steht auf. Sie bleibt liegen. Zehn Sekunden. Dann lässt er sich wieder ins Gras fallen. Romantik sieht anders aus. Aber darum gehts hier nicht. –
Die weltberühmte Ngorongoro-Caldera – heute ist sie eine Kinderstube: die Gnus hatten ihre Jungen, die Zebras, die Warzenschweine. Ein reichhaltiges Angebot für die Löwen! Jagdszene! Gleich fünf Löwinnen haben es auf eine Warzenschweinfamilie abgesehen, mit vier Jungen. Eine nutzt sogar unser Fahrzeug als Deckung! Dann sprintet sie los. Die Warzenschweine rennen um ihr Leben. Gradewegs auf die anderen, lauernden Löwinnen zu! Doch sie erkennen die Gefahr. Bleiben erstarrt stehen. Entdecken blitzartig den einzigen Fluchtweg – und rennen in die Freiheit. Löwen sind faule Jäger. Sie geben rasch auf. Wir atmen durch …
Wir verlassen die Ngorongoro-Region, weiter gehts Richtung Serengeti – Maasai-Land. Hügel. Kühe. Geissen. Bomas, die Rundhütten der Maasai. Als Aktivferien-Gäste haben wir exklusiv die Gelegenheit, einen Augenschein bei diesen Halbnomaden zu nehmen. Noch führen die Maasai ihr Leben, weitgehend, wie seit je. Alles dreht sich um ihre Herden, ihre Lebensgrundlage. Unser Guide ist Maasai Kimani, einer von ihnen, die Menschen hier kennen ihn. Dürfen wir Fotos machen? Kimani spricht über sozialverträglichen Tourismus. Als wir dann die Mutter mit ihrem Baby auf dem Arm sehen, würden wir nur zu gern … Doch sie winkt ab. Kein Foto. Akzeptiert! Wir wundern uns über Kimanis ausgezeichnetes Englisch. Er habe das in einer Missionsschule gelernt. Was uns zum Thema Schule bringt. Ja, Bildung brauche es, sagt Kimani. Nur so könnten die Jungen ihre Zukunft gestalten. Auch die Mädchen? Kimani gibt zu, dass es schwierig sei, die Eltern zu überzeugen, dass Bildung für Mädchen ebenso wichtig sei. – Neben den Rundhütten stehen neuerdings Holzverschläge, verstärkt durch Holzpfähle, zum Schutz für die Kühe. Dahinter steckt Informationsarbeit durch Tierschützer: Sollten nämlich Löwen angreifen, greifen Maasai sofort zum Speer; ein Löwe weniger. Da ist es besser, in einer auch für die Maasai enger werdenden Welt, die Herden zu schützen. Wir schütteln Kimani herzlich die Hand. Wir nehmen bleibende Eindrücke mit, aus einer uns ganz fremden Welt, ohne Strom, ohne fliessend Wasser, ohne Kühlschrank. Mit vielen Kühen, vielen Geissen – und vielen Kindern.
Michael Scharenberg