Seit Monaten sind wir den Netflix Serien «Unser Planet», « Bildschöne Welt» und «Planet Erde» erlegen. Die Berichte über die Anakondas im Amazonasbecken, über Blaufusstölpel auf ihrer Fischjagd oder den Balztanz der Albatrosse faszinieren uns. Und nun sind wir mitten drin, wir tauchen ein in eine Welt voller Abenteuer, wunderschön.

Unsere Reise startet im Hochland von Ecuador. Mein Bruder Beni hat quasi darauf bestanden, dass wir nach Los Mortinos fahren, hier würde es uns gefallen. Und wie recht er hat. Eine endlose Weite rund um den Cotopaxi Nationalpark mit Wildpferden, Lamas und Kaninchen, eine heile Welt. Frühmorgens steigen wir hoch ins Refugio José Ribas auf 4700m. Die Hütte ist Ausgangspunkt für die Bergsteiger des Cotopaxi. Auch wenn wir ihn nicht besteigen, ist es für Andreas ein neuer Höhenrekord. Er und Pancho, unser Guide, laufen gemeinsam noch weiter hoch bis auf 5100 Meter. Ich geniesse die Atmosphäre in der Hütte. Die Hüttenwarte unterhalten mich auf Spanisch, eine Privatlektion in der für mich noch sehr fremden Sprache. Dann müssen wir aber zügig absteigen, wir haben noch viel auf dem Programm.

Mein Freund Andreas ist Reiter aus Leidenschaft, als er die Wildpferde sieht beginnt sein Herz höher zu schlagen. Wir sitzen also am Nachmittag auf dem Pferd und reiten hinaus in das weite Grasland. Für Andreas geht ein Bubentraum in Erfüllung. Mitten durch die Rinderherden zu reiten, da fühlt man sich wie ein Cowboy aus dem Bilderbuch. Für mich ist es ein vorsichtiges Herantasten in eine neue Welt. Ich bin froh, habe ich eines der wohl langsamsten Pferde bekommen, es trottet gemächlich hinter Andreas temperamentvollem Pferd hinterher. Nicht das beste Zureden und nicht die geübten Befehle von Andreas lassen es antreiben, die Gemütlichkeit liegt meinem Pferd im Blut. Innerlich bin ich ehrlich gesagt sehr froh…  Aber auf dieser Reise merken wir bald: dort wo die eigene Komfortzone endet, beginnt das Abenteuer.

Am nächsten Tag geht es durch das Andenhochland über den Papallacta-Pass. Hier ist die Wasserscheide zwischen Atlantik und Pazifik. Da es regnet wandern wir nicht, sondern fahren zu den Quellen von Papallacta. Herrlich, dieses warme Thermalbad kommt genau richtig. Die warmen Wasser sind zugleich auch Ursprung des gewaltig grossen Amazonasbeckens. Während wir uns in den Quellen besprudeln lassen, beobachten wir Kolibris aus nächster Distanz. Schon springen wir wieder auf und möchten fotografieren. Ihre schnellen Bewegungen sind jedoch schwierig aufzunehmen.

Auch ein paar Tage später werden wir vom Regen überrascht, wir sind unterwegs Richtung Regenwald, du muss es ja mal regnen!. Mit dem Boot geht’s weiter den Rio Napo hinunter. Die Bäume werden immer dichter und höher der Fluss immer breiter und die Steine immer kleiner, bald werden sie nur noch Sand sein. In Coca wechseln wir das Boot und machen kurz Mittagspause. Die Sacha Lodge hat hier eigens  dafür ein Lokal eingerichtet. Hier merkt man, an alles wurde gedacht. Von Gummistiefeln für die Regenwalderkundungen und Regenschützen für aufs Boot, Gästebetreuung wird hier gross geschrieben. Plötzlich kommt eine ältere, zierliche Frau auf mich zu und spricht mich auf Spanisch an. Ich verstehe etwas von … Papa …langer Zeit …gute Freunde. Was will mir die gute Dame mitteilen? Ein Guide übersetzt: bei der ersten Reise meines Vaters Hansruedi vor bald 30 Jahren hätten sie sich kennenglernt. Danach sei Juanito, wie sie ihn immer nannte, jedes Jahr mehrmals gekommen und hätte ihr Schokolade mitgebracht. Nach einer kurzen Pause besteigen wir wieder die Boote, Lucy begleitet uns bis zum Steg. Scheu fragt sie einen Guide, ob er mir übersetzen könne, dass sie mich jetzt gerne umarmen würde und ich dies meinem Vater weitergeben soll. Ich bin gerührt, diese Sprache versteht man auch ohne Wörter.

Was wir auf der Weiterreise erleben, übertrifft alles. Die Geräuschkulisse schöner als ich sie je gehört habe. Affen kreischen, Vögel singen und Frösche quaken um die Wette. Über die Laguna Pilichoca geht es nur noch mit dem Kanu. Ein Indianer paddelt uns fast geräuschlos über den See. Und dann kommen wir an in einer magischen Welt. Ein Naturparadies, das seinesgleichen sucht. Ein Lebenswerk von Beni Ameter, der Gewaltiges geschaffen hat. Wir sind tief beeindruckt und schätzen das Privileg, dieses Paradies selber erleben zu dürfen. Mit dem Kanu geht es durch kleine Nebenflüsse. Diese Ruhe, Natur pur, ich würde am liebsten das Kanu nie mehr verlassen. Wir sehen die ersten Kaimane und uns kommt es vor, als wären wir in die Folge von «Bildschöne Welt» eingetaucht. Am Abend geht es zu Fuss durch den Dschungel. Wir überwinden ein weiteres Mal unsere Komfortzone. Etwas wagemutig frage ich nach Vogelspinnen und hätte doch lieber meinen Mund gehalten als ich die erste sehe… Mit der Taschenlampe wird uns eine Welt gezeigt, die wir so noch nie gesehen haben. Kleine Frösche und Käfer wie aus einer anderen Epoche. Wir fühlen uns sicher mit dem Indianer, er zeigt uns seinen Wald. Ihm können wir vertrauen. Am nächsten Abend geht es zum Sonnenuntergang hoch ins Baumhaus. Ein Turm mitten in der Krone eines Baumes. Die Aussicht können wir nicht in Worte fassen. Auf den grossen Ästen haben sich kleine Gärten gebildet. Die einen Lianen haben den Boden bereits erreicht und sind zu weiteren Pfeilern der Bäume geworden. Das Abendessen auf der Terrasse über dem See, mit tausenden sich im See spiegelnden und funkelnden Sternen. Mit einer Geräuschkulisse besser als jede Musik, wir sind sprachlos.

Auf Galapagos erleben wir nochmals eine ganz neue Welt. Blaufusstölpel stechen auf der Jagd nach Fischen steil ins Wasser, Fregattvögel plustern sich auf und Seehunde spielen mit uns im Wasser. Und dann die Unterwasserwelt. Sie ist für mich das Grösste, während Andreas ein weiteres Mal die Komfortzone verlässt. Schon bald erspähen wir die ersten Haie, Schildkröten und Fischschwärme. Unser Guide gibt mir die Erlaubnis, in einen Fischschwarm hinein zu tauchen. Mit dem Schnorchel schwimme ich an sie heran, dann öffnen sie einen Durchgang für mich und schliessen diesen gerade wieder zu. Ich bin inmitten von Tausenden von Fischen. Es wird stockdunkel vor lauter Tieren. Bin ich nun im «Planet Erde» Film oder doch eher in einer Szene von «Harry Potter»? Für mich ist es eines der magischsten und schönsten Momente die ich je erlebt habe. Ich kann die Emotionen kaum zurückhalten. Ein weiteres Mal haben wir etwas gewagt und wurden mit einem fantastischen Abenteuer belohnt. Raus aus dem Alltag – rein in unvergessliche Erlebnisse! Grandios!

 

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Planet Erde – mitten drin statt vor dem Fernseher. Eine Reise nach Ecuador!