15‘000 Dollar Strafe kostet es, einen Elefanten zu überfahren! So besagt es das Schild am Strassenrand. Wir sind frühmorgens unterwegs in den Udzungwa Mountains Nationalpark. Elefanten wurden letzte Nacht hier keine überfahren und die Büffel, Zebras, Impalas und Helmperlhühner grasen friedlich am Strassenrand. Die Paviane sitzen mit dem Hintern präzise auf der gelben Markierung, die den Fahrstreifen für die vorbeifahrenden Lastwagen markiert.
Es ist mindestens 35 Grad warm und wir sind froh um jeden Quadratmeter Schatten. Unter der Führung von drei jungen Parkguides marschieren wir gemütlich den Pfad zu den Sanje-Wasserfällen hoch. Sie sind mit 170 Metern die höchsten Wasserfälle in den Nationalparks Tansania und ein tolles Naturschauspiel, erklären die Guides voller Stolz. Der Schweiss läuft und tropft an uns herunter als wir den Tropischen Bergregenwald hochwandern. Chacha, der fröhliche Guide vom Udzungwa Nationalpark, stoppt und erklärt uns die medizinische Wirkung eines weiteren Baumes am Wegrand. Es gibt hier für alles einen Baum: gegen Malaria, gegen Menstruationsschmerzen, gegen Impotenz, für mehr Potenz, für Abtreibung, einen Baum, dessen Blätter getrocknet dreimal so stark wirken wie Marihuana. Den Marulabaum, dessen reife Früchte alkoholhaltig sind und bei Genuss sogar Elefanten ins Schwanken bringen. Und es gibt sogar einen Baum der zu kleine Brüste bei jungen Mädchen grösser machen soll. Unsere fragenden Blicke erwidern die noch jungen Guides mit ernster Miene: «Echt wahr!»
Etwas weiter deutet Chacha nach oben ins dichte Geäst des Bergwaldes. Nach einigem Suchen sehen auch wir die seltenen, vom Aussterben bedrohten, Roten Stummelaffen im Blätterdickicht. Ein paar Wanderkurven höher und etwas besser sichtbar, entdecken wir die ebenfalls seltenen schwarzweissen Mantelaffen. Unsere drei Guides sind so stolz wie wir glücklich sind, die beiden seltenen Primatenarten gefunden zu haben. Wir erreichen den ersten Assichtspunkt, welcher einen tollen Blick auf die mehrstufigen Wasserfälle freigibt. «Siehst du die Karte Afrikas», stupst mich Chacha fragend an? Er deutet auf den Wasserfall und tatsächlich, mit etwas Fantasie zeichnen die schwarzen Felsen und das dürre Gebüsch links davon ziemlich genau den Kontinent Afrika.
Die junge Massaifrau Junis, eine unserer Guides, zeigt auf den nächsten grossen Baum: «Das ist bzw. war früher, unser Baum für die Kommunikation», erklärt sie. Sie nimmt einen Stein aus einer herausgeschnitzten Vertiefung in der Wurzel und schlägt gegen den Baum. Mit viel Resonanz antwortet der Baum und die Schläge hallen vom Berg weit ins Tal. «Verschiedene Anzahl Schläge um verschiedene Meetings einzuberufen», lacht Junis und legt den Stein wieder in die Vertiefung zurück. «So einfach war Telefonieren früher», lacht Mereso, unser Massai Safariguide, sichtlich stolz über den gelungenen Vortrag des Massaimädchens.
Einige Höhenmeter und viele Schweisstropfen mehr erreichen wir die oberste Stufe der Wasserfälle. Das weisse Wasser kontrastiert sprudelnd mit den schwarzen Felsen. Eine Schulklasse badet planschend und schreiend im Pool unter dem Wasserfall. Wir setzen uns und geniessen den paradiesischen Anblick. Und unser PicNic. Die Schulklasse muss runter, der Pool gehört ganz alleine uns. Die Hälfte der Gruppe lässt sich das Baden nicht nehmen und geniesst das herrliche Nass. Auch Mereso zieht hinter einem Stein sein Massaituch aus und stürzt sich in den Pool.
Auf dem Rückweg überblicken wir von einem Aussichtspunkt das weite, flache Tal und die Zuckerrohrplantagen unter uns. Der Horizont ist weit und Tansania gross! Plötzlich läuft Lea, die zweite junge Frau, die als Führerin mit uns unterwegs ist neben mir. «Du liebst also Vögel?» lacht sie und deutet auf mein Fernglas. Sie will wissen welche Vögel von der Schweiz nach Tansania migrieren und wann. Sie kennt die Vögel, welche im Bergwald für uns singen, alle und nennt uns ihre Namen. Unten angelangt fragt sie keck, an wie viele Vögel ich mich noch erinnern könne? Mir fallen der Trompeten Nashornvogel und der Yallow rumped Tinkerbird ein. Beide haben hübsche Gesänge. Lea schmunzelt: «Zwei Vögel! Das ist ein guter Start!»
Wir verabschieden uns von unseren enthusiastischen und engagierten Guides. Auf dem Rückweg machen wir durstig Halt in einer Bar in Mikumi Town. Eilig werden die Stühle für uns zusammengetragen und die Musik angestellt. Wir trinken 18 Flaschen Bier und Coca Cola. Bezahlen dafür 15 Dollar. Ein gutes Trinkgeld inklusive. Es muss die günstigste Lokalrunde meines Lebens gewesen sein. Langes Leben, so lautet der Trinkspruch beim Anstossen in Tansania. Auf Swahili: Maisha marefu!