Wir Bikeguides hatten ihn ab und zu im Wald gesichtet. Graues, langes Haar, beide Reissverschlüsse des grünen Overalls bis oben zugezogen, eine pinke Spraydose und eine kleine Motorsäge zur Hand. Ein freundlicher Gruss, ein kurzer Austausch über die heutige Biketour, dann war er sofort wieder bei der Sache, starrte konzentriert in den Wald, markierte geheimnisvolle pinke Punkte auf morsche Bäume.
Nun steht er vor uns, der Mann im grünen Overall. Der nette Nachbar entpuppt sich als passionierter Mountainbiker. Gestenreich erklärt er uns, was wir heute Abend vorhaben: Ein neuer Biketrail soll entstehen. In Absprache mit der Gemeinde Salavas, dem Bikeclub von Vallon Pont d’Arc und uns Bikeguides vom Frigoulet werden Streckenverlauf und Trailcharakter festgelegt. Naturnah soll er sein, ohne grobe Eingriffe gebaut, flüssig zu fahren, mit Kuppen und Kurven, Abfahrten und Gegensteigungen.
Die für den Bau zusammengetrommelte Truppe ist bunt gemischt. Fred, der Frigoulet-Bikeguide der ersten Stunde ist mit dabei, Kinder des Bikeclubs Vallon Pont d’Arc haben ihre Eltern mitgebracht, der 14-jährige Mika, diese Woche Gast im Frigoulet, hat sich ebenfalls spontan gemeldet. Ab geht’s in den Wald – Motorsäge und Fadenmäher vorneweg, Heckenscheren hinterher, danach Hacken, Schaufeln, Rechen. Die Arbeit ist schweisstreibend, wird aber immer wieder unterbrochen von herzhaftem Gelächter und intensiven Debatten über die perfekte Linie. Links oder rechts am Baum vorbei? Den liegenden Baumstamm aus dem Weg räumen oder als Sprung nutzen? Die Kuppe abrunden oder umfahren? Zum Ende liegen mehrere Trailkilometer vor uns, wo vorher bloss Unterholz, Gras, Nadeln und Laub waren.
Wir sind begeistert. Was könnte es für uns Guides schöneres geben als dort selbst Hand anzulegen, wo wir künftig mit unseren Gästen durchfahren? Sofort beginnen wir zu diskutieren, wie wir den neuen Trail in unsere Touren einbauen wollen. Wir sind uns sicher, dass er sich genauso als abwechslungsreicher Aufstieg eignet wie auch als attraktive Abfahrt auf dem Rückweg zum Frigoulet.
Dann der grosse Moment. Mika wagt den ersten Fahrversuch. Sichtlich geschafft vom harten Trailbau verschwindet er im Wald. Und kommt bald mit breitem Grinsen wieder angebraust. Mission erfüllt! Der gemeinsame Einsatz der lokalen Bike-Enthusiasten, der Frigoulet-Nachbarn und unseres Teams hat sich gelohnt. Wir Guides freuen uns schon darauf, den Trail unseren Gästen zu präsentieren.
Nach getaner Arbeit funktionieren wir den Aktivferien-Transporter kurzerhand zur Apérobar um. Bei gut gekühltem Rosé, einigen Flaschen Bier, Baguette, Käse und Schinken steuert das Gespräch auf die unvermeidliche Frage zu: Wie soll er denn heissen, der neue Trail? Zahlreiche kreative Vorschläge kommen zusammen. Wir einigen uns rasch und zum Schluss geht es für unsere französischen Kollegen vor allem noch darum, die korrekte Aussprache des neuen Trailnamens in den Griff zu kriegen. Erstaunlicherweise klappt das mit schwindendem Rosévorrat immer besser.
Nach Bau und Taufe des neuen Trails ist die Arbeit noch längst nicht getan. In den letzten Wochen sind mir auf unseren Touren immer mal wieder geheimnisvoll pink gepunktete Bäume aufgefallen, ab und zu sah ich einen grünen Overall im Wald verschwinden. Und plötzlich eine kurze Telefonrunde, eine Mail an alle, der Bautrupp rückt wieder aus und am nächsten morgen führt ein neuer Weg in den Wald. Für unsere Gäste im Frigoulet und für unsere bikebegeisterten Nachbarn.
Ach, und den neuen Namen verraten wir dir dann gern vor der ersten Fahrt über den neuen Trail. Bis bald im Frigoulet.
Roman