Auch wenn ich schon viele Ort dieser Welt entdecken durfte, es gibt immer wieder Flecken auf der Weltkarte, die ich gerne noch entdecken möchte. Kolumbien ist so ein Flecken, und dahin zog es mich letzte Woche. Für mich, der die Berge und das Meer gleichermassen liebt, war es schon lange ein grosser Traum, das grösste Küstengebirge der Welt zu sehen. Ich stellte es mir traumhaft vor, vom Meer aus Gletscherberge zu sehen. Und tatsächlich, der tropische Regenwald stösst hier direkt ans Karibische Meer und nur 45 km Luftlinie entfernt ist der Gipfel des höchsten Berges Kolumbiens, der Pico Cristobal Colon mit 5775 m Höhe.

Das Gebiet steckt voller Geheimnisse, eines davon ist die Ruinenstadt Pueblito Chairama der Tayrona-Indianer mitten im Tayrona Nationalpark. Frühmorgens breche ich auf, denn die Wanderung soll ca. 6 Stunden dauern. Zuerst geht es der Küste entlang durch den tropischen Regenwald. Während über den Wellen des Meeres die Pelikane fischen, höre ich von weitem das Brüllen der Affen. Dann wird der Pfad anstrengend, dem Bachlauf entlang führt er über Felsen und Treppen. Ab und zu wackelt ein Treppenstein. Das ist aber nicht weiter gefährlich, sondern wurde von den Indianern bewusst eingebaut. Durch das Klicken der Steine hören sie früh, wenn sich jemand ihrem Dorf nähert. In der Ruinenstadt begegne ich den Kogui Indianern, sie sind immer weiss gekleidet und tragen lange Haare. Freundlich empfängt mich der Mamo, das geistliche Oberhaupt der Indianer Gemeinschaft. Es ist eine eindrückliche Begegnung. Koka kauend informiert er mich, wie sie je nach Meereshöhe Cassava, Baumwolle, Mais, Zuckerrohr und Koka anbauen. Letzteres zu konsumieren sei übrigens ein spiritueller Akt, der nur den Männern vorbehalten sei. Ich erfahre viel von der traditionellen Lebensweise, derweil kommt uns eine ganze Familie samt Esel entgegen, die dem Fluss entlang spaziert. Es wäre ein wunderschönes Fotosujet, aber der Mamo sagt ganz ruhig aber bestimmt, ich solle es aus Respekt bleiben lassen.

Szenenwechsel: Das Hochland von Kolumbien ist ein grossartiger Kontrast. Villa de Leyva ist mein Ausganspunkt zum Trekking in den Iguaque Nationalpark. Dieses Dorf ist wie im Bilderbuch, mit Kopfstein gepflasterten Gässchen und Häusern im spanischen Stil. Die hölzernen Balkone sind überzogen von Bougainvillea und in den Patio wachsen Oleander. Villa de Leyva gehört zu den schönsten kolonialen Dörfern Kolumbiens. Morgens um 6 Uhr treffe ich Jorge, meinen Guide, der mich heute bis auf 3600 m hoch begleiten wird bis zu den heiligen Lagunen. Bereits beim Eingang zum Nationalpark hören wir die ersten Tucane rufen und Kolibris schwirren um uns. Dass der Tourismus Kolumbiens noch in den Kinderschuhen steckt, spüre ich beim Parkeingang. Obwohl das Licht für Natur- und Tierbeobachtungen frühmorgens am besten wäre, ist der Park noch geschlossen. Er öffnet erst um acht Uhr… Doch später, im Gespräch mit dem Nationalpark Direktor, kann ich erwirken, dass der Park auf unseren Wunsch bereits um sieben Uhr aufmacht. Der Aufstieg durch den subtropischen Garten bis hinauf ins Hochland bringt jeden Blumenliebhaber ins Schwärmen. Unzählige verschiedene Orchideen gibt es zu entdecken, sogar die kleinste Art, die nur ca. 1 mm grosse Blüten trägt. Ab 3200 m ändert sich die Vegetation rasant in die sogenannte Paramo Zone mit den bekannten, bis zu hundertjährigen Frailejones die pro Jahr in dieser Höhe nur etwa 1 cm wachsen, zum Teil aber bis 4 Meter hoch werden. Auf 3600 m Höhe erreiche ich nach einer dreistündigen Wanderung die heiligen Lagunen. Für die Indianer ist dieser geheimnisvolle Ort die Wiege der Menschheit.

Zum Schluss erliege ich dem Charme von Cartagena de Indias, die Perle der Karibik. Geheimnisvoll, sinnlich, romantisch und immer heiss ist die beeindruckende Kolonialstadt und UNESCO – Weltkulturerbe. Sportlich darf es für mich aber trotzdem sein: Schon früh am Morgen werde ich von einem Schnellboot zum Nationalpark Islas del Rosario gefahren. Karibik Pur! Mit dabei die Schnorchel Ausrüstung, gilt es doch das Korallenriff zu entdecken. Juan der Bootsfahrer fragt mich gleich, ob ich evtl. etwas Besonderes sehen will? Natürlich! Er fährt mich zu einer Stelle, die nur etwa 8 m tief ist und sagt, hier unten liege ein kleines Flugzeug. Es sei im Jahr 1980 abgestürzt, weil es zu schwer mit Kokain beladen gewesen sei. Ich tauche runter und tatsächlich, das ganze Flugzeug noch vollständig da. Ja auch das gehört zur Geschichte Kolumbiens.

Hansruedi Büchi

 

 

 

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Geheimnisse Kolumbiens