Bhutan, eine Reise ins Land des Donnerdrachens! Donnerdrachen? Drachen gibt es doch gar nicht, oder?
Bhutan, auch „Land des Donnerdrachens“ genannt, ist ein Land, welches ungefähr so gross ist wie die Schweiz. Lediglich 782’455 Einwohner leben dort und rund zwei Drittel vom Land sind bewaldet. Zum Vergleich: die Schweiz hat 8,776 Millionen Einwohner, und knapp ein Drittel der Fläche ist bewaldet. Das klingt ruhig, ist es auch!
Wir fliegen zuerst nach Kathmandu in Nepal. Bevor wir am nächsten Tag nach Bhutan fliegen, haben wir Zeit, um die lebendige und farbenfrohe Stadt zu besuchen. In Kathmandu lohnen sich Ausflüge nach Patan, einer antiken Stadt, oder zum Affentempel, wo die Affen frech in der Tempelanlage herumturnen.
Die Ankunft in Paro könnte nicht unterschiedlicher sein. Das Flughafengebäude ist farbenfroh verziert und erinnert eher an einen Palast als an einen Flughafen. In der Ankunftshalle erwartet uns nebst Vogelgezwitscher und dem imposanten Gemälde der Königsfamilie eine komplette Ruhe. Von Stress und Hektik keine Spur! Wir lernen unseren einheimischen Führer Ugyen kennen. In diesem Land tragen die Menschen eine Tracht. Die der Männer sieht aus wie ein Bademantel, der bis zu den Knien reicht, die Armstulpen sind nach hinten gekehrt. Unterhalb der Tracht reichen schwarze Strümpfe bis unter die Knie. Ja, bereits die Ankunft ist überwältigend.
Überwältigend ist auch die erste Wanderung, die wir unternehmen. Wir wandern hoch zum Tigernest, das auf 3120 m.ü.M. steil an einer Felswand gelegen ist. Das Tigernest, auch bekannt als Taktshang Palphug Kloster, wird „Tigernest“ genannt. Die Legende besagt, dass Guru Rinpoche, der den Buddhismus nach Bhutan brachte, auf dem Rücken eines Tigers an diesen abgelegenen Ort geflogen sein soll. Das Kloster wurde an der Stelle errichtet, an der Guru Rinpoche meditierte und soll eine spirituelle Bedeutung haben, die mit der Kraft und dem Mut des Tigers verbunden ist.
Etwas Mut brauchen wir auch bei unserem nächsten Besuch, da wir etwas degustieren können, was ich mir nicht so lecker vorgestellt habe… Unser Führer Ugyen ist im Dorf Samtengang auf 1900 m.ü.M. auf einem einfachen Bauernhof aufgewachsen. Auf der Wanderung in dieser Region statten wir seinem Vater einen Besuch ab. Er bewirtschaftet den Hof bis zur Erntezeit alleine. Angebaut wird vor allem roter Reis, was typisch ist für diese Region. In der einfachen Wohnstube liegen Teppiche auf dem Boden, welche uns als Sitzgelegenheit dienen. Nun zurück zum mutigen Experiment. Wir werden mit Buttertee verköstigt. Ich habe mir Buttertee ehrlicherweise schrecklich vorgestellt. Vielleicht säuerlich, ähnlich wie Buttersäure. Aber da wurde ich eines Besseren belehrt. Buttertee wird aus Wasser, Schwarztee, Butter, Milch und Salz hergestellt und schmeckt definitiv besser als erwartet. Dazu gab es leckeren gerösteten Reis, und einen Nachschlag vom Buttertee habe ich dankend angenommen.
Die letzte Wanderung führt uns über einen Passübergang auf 3600 m.ü.M. Im Aufstieg können wir uns ab den blühenden Rhododendren nicht satt sehen. Von Hellrosa bis Purpur sind alle Farbvarianten dabei. Beim Picknick geniessen wir die Aussicht ins Tal von Gangtey. Plötzlich raschelt und knackt es im Gebüsch, drei Yaks preschen aus dem Unterholz. Sie haben sich wohl ebenso erschreckt wie wir uns. Wir geniessen noch einen Moment die Mittagspause, schauen ins Tal und jeder hängt seinen Gedanken nach. Der Wind streicht durch die Bäume, bringt die Gebetsfahnen zum Wehen und trägt ihre Mantras in die Welt davon. Am Horizont türmen sich langsam die Wolken auf und erstes Donnergrollen ist zu hören. Ob der Donnerdrache wirklich existiert? Hier und jetzt kann ich mir das sehr gut vorstellen.
Karin Baumgartner
Wanderleiterin mit eidg. Fachausweis