Nach einem guten spanischen Jamon de Serrano Sandwich geht die Reise von Madrid zügig weiter nach Santa Cruz. Kapuri, die tropenverliebte und bergmeidende Bolivianerin mit deutschem Akzent empfängt uns herzlich am Flughafen, zeigt uns ihre modern-koloniale Stadt und führt uns aus zum ersten dicken Steakhouse; das gute Essen wird uns während der ganzen Reise nie vorenthalten.
Bereits am nächsten Tag machen wir gut 2400 Höhenmeter von Santa Cruz nach Sucre und tauchen ein in die weisse koloniale Hauptstadt Boliviens. Mit grandioser Aussicht geniessen wir Pico Manch zum Mittagessen und lernen danach viel über die verschiedenen Völker Boliviens und deren Handfertigkeiten mit den farbigen Stoffen.
Wieder machen wir am nächsten Tag mächtig Höhenmeter und erreichen per Bus die berühmte Minenstadt Potosí, welche bereits Anfang des 17. Jahrhunderts 150’000 Einwohner zählte und somit einst zu den grössten Städten der Welt gehörte.
Münzen und Freiheiten im Casa de la Moneda (königliches Schatzhaus) und Casa de la Libertad begleiten unseren Stadtrundgang. Am nächsten Tag versuchen wir uns als Mineros, ausgerüstet mit Arbeiteranzug, Helm, Stirnlampe, Kokablätter und Gaseosas wagen wir uns in die Gänge des Cerro Rico. Ab und zu müssen wir den Kopf einziehen aber meist kommen wir gut voran. Je weiter wir in den Berg eindringen, desto heisser wird es. Die Mineros arbeiten in diesen staubigen Gängen bei bis zu 35°C, was nur mit Kokablätter und Süssgetränken auszuhalten ist. Froh, wieder am Tageslicht zu sein, führen wir die Reise fort an der Brücke des Rio Pilcomayo Frontera vorbei bis zum San Juan Valley, einer eindrücklichen Schlucht inmitten von eher eintönigen Stein- und Sandhügeln. Wir machen einen Trek der Schlucht entlang bis wir schliesslich an deren tiefsten Punkt hinabsteigen und dem Flüsschen entlang an Lamas vorbei wieder unser Bussli erreichen. Ein kurzer Stopp in Pulacayo, einer Minensiedlung, erinnert uns an die alten Zeiten, wo im 19. Jahrhundert mehrheitlich Silber gefunden und mit den wohl ersten Zügen Boliviens, die immer noch dort stehen, nach Uyuni gebracht wurde. Auch wir erreichen Uyuni, die auf einer Höhe von 3675m am östlichen Ufer des Salar de Uyuni gelegene «Wüstenstadt». Vor dem Schlafengehen müssen die von Wind und Sonne ausgetrockneten Kehlen im „Extreme Fun Pub“ kurz angefeuchtet werden. Ein Besuch dieser Bar ist durchaus mit Rätseln verbunden: check and solve!
Umgepackt auf drei 4WD Landcruiser verlassen wir die Wüstenstadt und begeben uns nach einem kurzen Stopp beim Zugfriedhof auf die nicht enden wollende Salzfläche des Salar de Uyuni. Unsere Blicke schweifen am Horizont entlang; wir entdecken eine Fata Morgana nach der anderen. Engramme die seinesgleichen suchen; grandios. Und es wird noch besser, mitten im Weiss wird uns ein – wer hätte es gedacht, nicht versalzenes – Mittagessen serviert. Mit einer Flasche Rotwein geniessen wir das zarte Lamafleisch. Auf der Isla del Pescado wandern wir durch unzählige, teils über 1000jährige Kakteen, stets begleitet von nicht enden wollenden Fotomotiven. Später auf der Salzfläche balancieren wir auf Weinflaschen, kämpfen mit Dinosauriern oder halten einfach nur die ganze Gruppe in einer Hand. Mit dem Sonnenuntergang zur Linken und der schier unendlichen weissen Weite zur Rechten „surfen“ wir vollig losgelöst mit Nena in den Ohren über das Salz zu unserem Hotel.
Ein Highlight unter den Unterkünften, im Hotel del Sal, einem aus Salz erbauten Boutiquehotel übernachten wir wie Könige. Den guten, tiefen Schlaf brauchen wir, denn am nächsten Tag steigen wir von Colqueza auf zum 5200 hohen Vorgipfel des Cerro Tunupa. Die Farbenpracht des Vulkans mit der weissen Kulisse des Salar de Uyuni ist einmalig.
Nach einer weiteren königlichen Nacht schweben wir mit unseren Geländewagen erneut über die Salzfläche und lassen uns über holprige Pisten in die Sandwüste Siloli schütteln. Wer hätte es gedacht, inmitten des Staubs und der Dünen finden wir farbenprächtige Lagunen. Unzählige Flamingos waten durch eben diese Lagunen und fressen Carotinoid enthaltende planktonische Algen, was wichtig ist damit deren Federpracht schön pink bleibt. Una Cervezita in den warmen Quellen haben wir uns nach dem Spaziergang durch die Geysire und der Bouldersession am Treerock verdient. Quetena Chica, einem gut 1000 Seelen Dorf inmitten der Wüste aber mit einer grossen Quelle, welche ein Politikum mit dem nahe gelegenen Chile sein soll, ist für zwei Tage unser Campo Base. Von hier besteigen wir den ersten 6000er, den Uturuncu. Eindrücklich, wie früher bis 5800m Mineralien abgebaut wurden. Dank dieser Minenstrasse gelangen wir bis 5500m mit den Landcruisern und steigen weitere gut 500hm hoch zum Gipfel. Pure Freude sprudelt in uns, so manche/r hat ihren/seinen ersten 6000er bestiegen und dies ganz ohne Schnee und Eis. Herrlich!
Zurück in Quetena Chica wird der Gipfelerfolg der ganzen Gruppe mit ein paar Paceñas, dem Bier aus La Paz, feierlich begossen. Heiss und trocken ist es unter dem Dach des Innenhofes, die Getränke verdunsten förmlich und immer wieder muss im nahegelegenen Ein-Frau-Supermercado Nachschub geholt werden.
Das am nächsten Tag besuchte Rock Valley ist mit seinen erosionsbedingten Superformen wiederum eindrücklich. Leider hat es (noch) keine Bolts zum Sportklettern; es würde in Kürze ein Mekka für Sportkletterer werden. Kanten, Löcher, Überhänge, Verschneidungen alles geformt von Wind und Wetter lassen eigentlich kein Kletterherz kalt.
Ein Stunde Flug und wir sind vom beschaulichen Uyuni in La Paz angekommen, nicht nur die Meereshöhen von 3600m – 4050m (El Alto) beeindruckt, auch die insgesamt 3 Mio Menschen, die in dieser einmaligen Stadt mit Schweizer Gondelbahnen leben ist nennenswert. Nicht mehr so trocken und staubig erreichen wir entlang des grössten Sees Südamerikas die Stadt Copacabana. Copacabana, die Stadt der Virgen Morgen, wo die Leute hinkommen, um richtige Bolivianofiestas zu feiern. Es werden dazu volle Harassen Bier gekauft, um sodann mit kleinen Bechern die einzelnen Flaschen aufzuteilen und so einander zum Trinken einzuladen. Eine Einladung darf nicht abgelehnt werden…
Der Stadtrundgang durch Copacabana ist am Wochenende ein Highlight, die Familien reisen aus Bolivien und Peru an, um vor der Basilika der Virgen Morena ihre Autos von einem Mönch und einem Schamanen segnen zu lassen. Mit dem Segen und interessant geschmückten Autos fahren sie am Sonntag wieder zurück in ihre Heimat.
Eine entschlackende Bootsfahrt auf dem Titicacasee führt uns in ein idyllisches Restaurant an dessen Ufer. Nach einem lokalen Mittagessen wandern wir zu unserer Insellodge, welche einen Aussichtspunkt seinesgleichen sucht. Wunderbar entspannend!
Ab ins Refugio heisst es für die Huyana Potsigruppe am nächsten Tag. Mit einem lokalen Bergführerteam und traditionell-bolivianisch gekleidetem Team richten wir uns im Bascamp ein. Nach einer kurzen Nacht beginnt der Aufstieg im Schein der Taschenlampe über einen steinigen Pfad und später über den frisch verschneiten Gletscher in einfachem Gelände hoch auf den Gipfel auf 6088m. Die Sonne geht auf und jeder weiss, warum er hier ist und, dass das Leben eben doch wunderbar ist!
Zurück in La Paz feiern wir den Gipfelerfolg und den Abschluss einer überaus tollen und erfolgreichen Reise. Es ist schwierig ein anderes Land zu finden, in welchem man in drei Wochen so viele verschiedene Landschaften sieht, Gegenden besucht und Kulturen kennenlernt. Von den Tropen über die Wüste, den Salzflächen, die Vulkane, ein See, der ein Meer sein könnte bis hin zu vergletscherten Bergen – wir genossen alles!
Dezember 2018, Alexander Gammeter