Eigentlich wollten wir ja schon 2020 nach Bolivien. Aber dann kam Corona – das Sarsvirus Covid19 legte die ganze Welt lahm. Lockdowns, geschlossene Grenzen rund um den Globus. Umso mehr freuen wir uns, dass Reisen ins Ausland langsam wieder ermöglicht werden. Etwas Gutes hat der Aufschub um ein Jahr auch bewirkt. Unterdessen ist unsere Reisegruppe von 4 auf 15 Personen gewachsen – wir sind alle vom Reisefieber befallen! So nehmen wir das Ausfüllen unzähliger Formulare und auch einen PCR-Test im Spital, der belegt, dass wir bei der Einreise virusfrei sind, gerne in Kauf.
Und endlich ist er da – Montag 8. November: wir steigen um 18.35 Uhr in Zürich tatsächlich in den Flieger und landen nach einem Zwischenhalt in Madrid am nächsten Tag in Santa Cruz, Bolivien!
2. Tag : Dienstag, 9. November 2021 – Santa Cruz de la Sierra, 460m
Glücklich alle Einreisehürden geschafft zu haben, treten wir gegen 07.00 Uhr aus dem Flughafengebäude (Zeitverschiebung -5 Stunden).
Auf dem Weg zum Hotel Yotau müssen wir verschiedene Strassensperren umfahren. Diese sind teils sehr kreativ aufgebaut: mit Steinen, ein halber Ast oder Pneus, eine gespannte Schnur, eine Wagenladung gekippter Sand oder ein quergestellter Lastwagen. Später werden wir informiert, dass seit heute in der ganzen Stadt „Bloqueado“ ist. Viele Geschäfte und Restaurants bleiben geschlossen. Die Einwohner demonstrieren damit gegen ein geplantes neues Steuergesetz. Unsere Reiseleiterin, Capuri, eine sehr aufgestellte und geschwätzige Frau führt uns daher vom Hotel aus nur einmal um den Block, weil sie nicht riskieren will, dass wir plötzlich zwischen die Fronten geraten. Im News-TV sehen wir, dass in einigen Quartieren die Polizei mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten vorgeht – es geht also doch nicht überall so friedlich zu und her wie in unserer Nähe. Anscheinend ist man in Bolivien nicht richtig angekommen ohne einen „Bloqueado“ erlebt zu haben. Diesen Punkt können wir also schon mal abhaken J Nachdem wir einige Querstrassen weiter doch noch einen offenen Kiosk mit Bier im Angebot gefunden haben, hüpfen später ein paar von uns ins Hotelschwimmbad um sich abzukühlen. Immerhin herrschen fast 30°C.
3. Tag : Mittwoch, 10. November 2021 – Sucre, 2790m
Schon um 05.00 Uhr steigen wir in unseren Bus. Durch die frühe Abfahrt erreichen wir den Flughafen schneller als erwartet, obwohl wir an einigen Strassensperren vorbei müssen. Mal „erkaufen“ wir uns die Durchfahrt, mal räumen wir einfach alles zur Seite. Statt wie geplant um 08.30 Uhr, fliegen wir erst um 10.00 Uhr während ca. 35 Min. nach Sucre.
Hier begrüsst uns Ivan, der uns bis nach La Paz begleiten wird. Mit Ivan spazieren wir durch die ehemalige spanische Kolonialstadt, die seit 1992 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt und erfahren viel über die Entstehung Boliviens. Mit den weissen Gebäuden und gepflegten Plazas gilt Sucre als schönste Stadt des Landes.
Wir übernachten im wunderschönen Hotel Parador Santa Maria. Schade können wir den Blick über die Stadt in der herrlichen Rooftop-Bar nur für eine Nacht geniessen. Spätestens ab jetzt erklären wir den „Singani-Sour“ zu unserem neuen Lieblingsaperogetränk.
4. Tag : Donnerstag, 11. November 2021 – Potosí, 4070m
Um 08.00 Uhr fahren wir mit dem Bus nach Potosí. Unterwegs vertreten wir uns die Beine und spazieren über die Distriktsbrücke. Gegen Mittag erreichen wir die Stadt, die auch das Tor zur Hölle genannt wird. Und wieder hindern uns einige Strassensperren das Hotel Coloso Potosi direkt anzufahren.
In Schutzkleidern und Gummistiefeln werden wir nachmittags durch eine der vielen Minen im Cerro Rico geführt. Während der Blütezeit konnten die Mineure 800 kg pro Tonne Silber abbauen, heute schürfen sie noch max. 20 Gramm pro Tonne. Potosí leidet unter einer massiven Wasserverschmutzung und immensen Staubablagerungen durch die Minen. So wird ein Mineur durchschnittlich nur etwa 45 Jahre alt.
5. Tag: Freitag, 12. November 2021 – Uyuni, 3670m
Um zum letzten Mal dem Bloqueado auszuweichen, fahren wir schon um 06.00 Uhr los. Wir erleben eine wilde, teils karge, wenig bevölkerte Landschaft und bekommen viele Lamas zu Gesicht. Von 08.00-10.00 Uhr spazieren wir gemütlich durch einen Canyon. Beim Picknick aus der Frühstücksbox bewundern wir die blühenden Kakteen.
Um 12.30 Uhr checken wir im Hotel Girasoles in Uyuni ein. Nach dem Mittagessen in einem Restaurant laufen wir zum Zugfriedhof. Beim Durchschreiten des Friedhofs mit seinen vielen dahin rostenden Bahnwagen werden Erinnerungen an den Westernfilm „Spiel mir das Lied vom Tod“ mit der unvergesslichen Musik von Ennio Morricone wach.
6. Tag: Samstag, 13. November 2021 – Salzwüste / Jirira Tahua, 3660m
In 4×4 Jeeps starten wir zu der grossen Salzwüste. Unterwegs besuchen wir eine kleine Salzindustrie, bevor es zur langen Fahrt (100 km) über den Salzsee geht. Wir versuchen, uns am Horizont zu orientieren, damit wir die Insel Incahuasi inmitten des Sees erreichen. Nahe der Insel erwartet uns ein gedeckter Tisch und Stühle mit roten „Schleifenhussen“ – unglaublich! Beim Spaziergang zum Aussichtspunkt auf Incahuasi entdecken wir jahrhundertealte Kakteen, Vulkansteine und Korallen. Wir knipsen auf der weissen Salzoberfläche gefühlte hunderttausend Fotos. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. So entstehen viele lustige Bilder, die der optischen Täuschung trotzen. Die ganze Tagestour ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Wir übernachten im Hotel Tambo Coquesa am Fusse des Vulkans Tunupa. Das Salzhotel mit seinen individuell gestalteten Zimmern und Bungalows ist ein Traum. Flamingos sind in unmittelbarer Nähe und Lamas grasen direkt vor uns.
7. Tag: Sonntag, 14. November 2021 – Vulkan Tunupa, 4900m
Mit den Jeeps werden wir zum Ausgangspunkt der Wanderung auf 3900m gefahren. Bevor wir um 08.30 Uhr losmarschieren, zeigt uns Ivan die Höhle der Mumien. In 5 Stunden steigen wir bis auf 4900m hoch. Oben auf dem Krater eröffnet sich uns ein fantastisches Farbenspiel der verschiedenen Gesteinsschichten. Der Blick auf den weissen Salzsee ist so unwirklich, dass man ihn mit einem Nebelmeer verwechseln könnte.
8. Tag: Montag, 15. November 2021 – Ojo de Perdiz, 4600m
Von 08.15 bis 18.00 Uhr sind wir in den Jeeps unterwegs. Wir fahren 80 km über den Salzsee, durchqueren die Wüste von Chiguana und kommen auf die Route der Vulkane, wo wir sogar den Rauch des Volcán Ollagüe sehen. In San Juan del Rosario decken wir uns mit Wasser, Bier, Coca Cola, Chips, Sonnencreme und Erkältungssalbe ein. Weiter über Steppe an Lagunen vorbei, durch einen Canyon von Hochplateau zu Hochplateau, dass wir fast nicht merken, wie wir die 1000m zusätzlich ansteigen. Hier oben bläst ein kühler Wind und die Luft ist merklich dünner.
Während des Tages sehen wir viele Vicuñas, Flamingos und sogar Vizcachas.
Wir übernachten im Hotel del Desierto Tayka mitten in der Siloli-Wüste.
9. Tag: Dienstag, 16. November 2021 – Quetena Chica, 4200m
Um 08.00 Uhr heisst es wieder einsteigen. Wir fahren durch den Nationalpark Avaroa bewundern die besonderen Steinformationen, staunen bei der Laguna Colorada über die schillernden Farbtöne und tausende Flamingos. Einen besonderen Kontrast bilden die kochenden Schlammlöcher und Fumarolen von Sol de Mañana (4850m), wobei es der strenge Schwefelgeschmack auch in sich hat.
Während unsere Köchin Augustina das Mittagessen vorbereitet, gönnen wir uns ein Bad in der warmen Quelle der Laguna Chalviri. Später geht’s weiter bis nach Quetena Chica, wo wir unsere Zimmer in einem einfachen Hotel beziehen. Ein Dorf scheinbar mitten im Nirgendwo, staubige Strassen, Kinder spielen Fussball, singen für uns gegen eine Handvoll Schokolade.
10. Tag: Mittwoch, 17. November 2021 – Vulkan Uturuncu, 6010m
Schon um 05.00 Uhr treffen wir uns zum Frühstück. Die geplante Abfahrt von 05.30 Uhr wird bis 06.00 Uhr verschoben, weil die Fahrer verschlafen haben. Für einmal sind mal nicht wir unpünktlichen Walliser zu spät J Wir fahren bis zur Lipes Mountain Range mit Vulkanen und Lagunen und dann weiter bis auf 5500m. Von 07.45 Uhr bis 11.45 Uhr wandern wir auf den technisch einfachen Uturuncu hoch und wieder runter. Die Aussicht auf 6000m ist wie immer unbeschreiblich.
Sobald wir wieder im Hotel sind, geniessen wir die Suppe bevor es an die grosse Wäsche geht. Im Zuber schrubben wir alle Wanderhosen und noch ein paar andere Sachen. Später klopfen wir mal wieder ein Jässchen.
11. Tag: Donnerstag, 18. November 2021 – Uyuni, 3670m
Um 08.00 Uhr verlassen wir Quetena Chica über die Hochebenen von San Cristóbal nach Uyuni. Immer wieder sehen wir Alpacas, Vicuñas und sogar vereinzelt Andenstraussenvögel. Nach dem Mittagessen im Hotel schlendern wir nachmittags durch den grossen Einheimischenmarkt.
12. Tag: Freitag, 19. November 2021 – La Paz, 3600m
Sobald wir das vergessende Gepäckstück nach einer Extrarunde abgeholt haben – danke Vroni J – starten wir um 08.30 Uhr zur langen Fahrt nach La Paz mit einer Mittagspause in Oruro. Gegen 18.15 Uhr treffen wir im Ritz Apart Hotel ein. Die Anreise über El Alto, die auf einem Plateau von 4000m gelegene Stadt, runter nach La Paz (3600m) ist sehr eindrücklich. Die Stadt liegt in einem Kessel in den rundherum 20 Flüsse fliessen.
13. Tag: Samstag, 20. November 2021 – Trekking in der Condoriri Range
Dem östlichen Ufer des Titicacasees entlang erstreckt sich die Cordillera Real. Nach einer kurzen Fahrt starten wir auf 4300m und trekken gemütlich bis auf 4600m, vorbei an blauen Lagunen, Lamas, Alpacas, Schafen und Kühen (11.00 Uhr bis 14.30 Uhr). Wunderschön ist der Tuni Condoriri mit seinem Gletscher anzusehen. Ebenso zeigt sich uns die Nordseite des Huayna Potosí.
Gegen 18.00 Uhr erreichen wir das pulsierende Dorf Copacabana am Titicacasee. Bedauerlicherweise dürfen wir das geschmackvoll eingerichtete Hotel Rosario del Lago nur für eine Nacht geniessen.
14. Tag: Sonntag, 21. November 2021 – Titicacasee 3800m
Nach einer kurzen Schifffahrt erreichen wir die Lourdeshöhlen und wandern durch die grossartige Landschaft von Sampaya. Unser Privatschiff erwartet uns auf der anderen Seite und bringt uns zur Isla del Sol. Die Aussicht über den See und auf die Gipfel der Cordillera während des Mittagessens bleibt unvergesslich.
Später laufen wir bis auf den Rücken der Insel zum Dorf Yumani und quartieren uns in der Lodge Palla Khasa ein.
15. Tag: Montag, 22. November 2021 – Höhenlager Huayna Potosí, 5200m
Zu Fuss gehen wir runter zum Hafen und lassen uns im Boot nach Copacabana bringen. Im Bus fahren wir zurück bis nach El Alto. Hier treffen wir unsere 6 Bergführer und fahren bis zum Basislager des Huayna Potosí auf 4800m. Nach einem Mittagessen laufen wir gemeinsam mit 2 Köchen, 10 Trägerinnen und Trägern sowie den Führern bis zum Höhenlager auf 5200m. Um 20.00 Uhr schlüpfen wir in den Schlafsack und dösen bis Mitternacht.
16. Tag: Dienstag, 23. November 2021 – Huayna Potosí, 6088m
Nachts um 01.00 Uhr brechen wir auf. Die Stirnlampe leuchtet, die Steigeisen montiert, den Pickel in der Hand, sind wir in 2er-Seilschaften mit je einem einheimischen Führer unterwegs. In der Ferne Richtung Amazonas blitzt es regelmässig. Wir sind froh, ist das schlechte Wetter noch weit weg von uns. Rechtzeitig zum Sonnenaufgang stehen wir um 06.00 Uhr zuoberst. Manche mehr andere weniger ausser Atem haben wir alle den Gipfel geschafft!
Schon um 09.30 Uhr verlassen wir das Höhenlager und steigen hinab zum Basecamp. Gegen 13.30 Uhr erreichen wir das Ritz Apart Hotel in La Paz.
Bei einer Gondelrundfahrt schauen wir uns die Stadt von oben an. „Mi Teleférico“ ist mit derzeit zehn Linien und ca. 30 Kilometern Gesamtlänge das weltweit größte städtische Seilbahnnetz. Die Gondelbahnen erschließen den bolivianischen Regierungssitz La Paz und die Nachbarstadt El Alto und befördern täglich mehr als 300‘000 Fahrgäste. Die erste Linie wurde 2014 eröffnet und das Netz befindet sich weiterhin im Ausbau (Wikipedia). Nach einigen Singani Sour und dem frühen Abendessen im Stadtzentrum fallen wir gegen 20.30 Uhr erschöpft in unsere Betten.
17. Tag: Mittwoch, 24. November 2021 – La Paz 6°C / Santa Cruz 27°C
Den Vormittag nutzen wir in vollen Zügen, um endlich Souvenirs zu kaufen. Glücklicherweise gibt es in La Paz genügend Auswahl. Um 17.00 Uhr fliegen wir zurück nach Santa Cruz und landen um 18.00 Uhr.
Beim letzten Abendessen lassen wir noch einmal alle Höhepunkte dieser herrlichen Reise Revue passieren.
18. Tag: Donnerstag, 25. November 2021 – Santa Cruz
Um 13.15 Uhr hebt unser Flieger Richtung Madrid ab.
19. Tag: Freitag, 26. November 2021 – Zürich
Nach einem Zwischenstopp in Madrid landen wir um 10.20 Uhr im winterlichen Zürich. Wieder daheim in Visperterminen heisst es dann auspacken, sortieren, erinnern.
Die Tatsache, dass weltweit das Coronavirus immer noch alle in Atem hält, macht uns immer wieder bewusst, wie privilegiert wir sind, diese wunderbare Reise durch Bolivien erlebt zu haben. Wir haben ein Land weitgehend ohne Touristen kennengelernt, sind allein an Orten gestanden, wo sich sonst hunderte Leute tummeln.
Claudia Stoffel