Die Schule wird heute eingeweiht. Zu diesem feierlichen Anlass hat sich der Himmel besonders blau und klar herausgeputzt, die Sonne scheint und es ist bereits angenehm warm.
Im Februar letzten Jahres sind Carina und ich in zwei Tagesmärschen von Patale über Solnasa nach Tapting gewandert, um den Spatenstich zur neuen Schule in Tapting zu legen. Nun, fast genau ein Jahr später, sind Hansruedi und ich wieder hier. Zusammen mit Mingmar, unserem Geschäftsführer von Aktivferien Nepal.
Von weitem hören wir Kinderlachen, Trommelschlag und fröhlichen Gesang. Kurz bevor wir auf der schönen Sonnenterasse ankommen, wird es ruhiger. Nur einzelne Stimmen der Lehrer sind noch zu hören, sie geben wohl letzte Anweisungen. Und dann kommen wir durch den mit Blumen geschmückten Bogen im Schulhaus an. Die Kinder stehen alle erwartungsvoll da, alle halten entweder einen Kathag (Begrüssungsschal) oder einen wunderschonen Blumenkranz in den Händen, den sie uns um den Hals legen möchten. Es ist ein rührender Moment, auch die Kleinsten stehen da und schauen uns fragend an. An einige Kinder kann ich mich von letztem Jahr noch gut erinnern. Mir steckt ein Kloss im Hals, ich bringe kaum noch ein Namaste über die Lippen. Diese Herzlichkeit und Dankbarkeit der Sherpakinder und ihrer Familien überwältigen mich. Auch alle Lehrer der ganzen Region sind gekommen sowie der Bürgermeister von Tapting, um uns zu begrüssen. Auch eine Vertretung der Regierung ist da. Alle Besucher werden auf eine Art Bühne geführt, wo wir Platz nehmen dürfen und uns das liebgewonnene Tatopani (heisses Wasser) serviert wird. Die Kinder sitzen alle auf den Schulbänken, die zu diesem Anlass ins Freie getragen wurden. Ngimi, die Englischlehrerin, begrüsst alle Gäste und führt durch das Programm. Ansprachen werden gehalten, und dazwischen führen die Mädchen und Frauen traditionelle Tänze vor. Unglaublich, wie sie sich anmutig bewegen.
Dann wird das Schulhaus offiziell eingeweiht. Ein Zimmer nach dem anderen wird mit dem Durchschneiden eines roten Bandes feierlich eröffnet. Es sind ein Lehrerzimmer, eine Bibliothek und fünf Klassenzimmer. Die Wände innen sind alle mit hellem Holz verkleidet und im Dach sind Dachfenster angebracht. Dadurch ist es sehr hell in den Zimmern. Die Fenster können zusätzlich mit Fensterläden geschlossen werden, so sind die Kinder immer gut geschützt.
Unglaublich, was in dieser kurzen Zeit geleistet wurde! Alles Material musste von Menschen oder mit Tieren nach Tapting getragen werden. Zementsäcke, Sand, Eisen, Steine, alles Holz für den Innenausbau, Fenster, Türen und Dach. Hier haben alle nach ihren Möglichkeiten mitgeholfen. So hat es Mingmar auch geplant: Die Finanzierung des gesamten Materials und der Facharbeit wurde von Aktivferien AG und ihren Gästen übernommen. Daneben war aber auch das tatkräftige Mithelfen der Sherpafamilien gefragt, jeder nach seinen Kräften. Dadurch wird die Schule auch viel mehr geschätzt und die Bedürfnisse der Sherpakinder konnten mit einbezogen werden.
Wieder draussen übergeben wir den Kindern dann die Schulbücher für das kommende Jahr. Diese müssten normalerweise von den Eltern bezahlt werden, die meisten können sich das aber gar nicht leisten. Die gesamten Bücher für alle Kinder der fünf Klassen sowie der Bibliothek wurden von carina-cashmere gespendet. Es handelt sich um die offiziellen Lehrmittel von Nepal. Das ist sehr wichtig, denn der Zutritt zu höheren Schulen ist nur denjenigen Kindern möglich, die den Schulstoff mit diesen Lehrmitteln erarbeitet haben. Eine Bibliothek kennen die Kinder bis heute nicht. Sie wird jetzt mit den ersten 25 Büchern bestückt. Die Kinder dürfen die Bücher während des Schultages ausleihen, aber noch nicht nach Hause mitnehmen. Mingmar sagt, dass das System einer Bibliothek zuerst erklärt und erlernt werden müsse. Sonst komme da nichts mehr zurück.
Nachdem wir allen Kindern noch neue Softshell Jacken verteilt haben, heisst es leider schon wieder Abschied nehmen von Tapting. Erfüllt von all diesen schönen Begegnungen geht die Reise nun weiter in den Chitwan Nationalpark.
Christine Büchi